Zwar liegen einige Wurzeln der aseptischen Füllung von Getränken in PET-Flaschen in Japan, trotzdem trat ich die Reise mit großem Respekt vor dem neuen Umfeld an wegen:
- den bekannt hohen Erwartungen, die sich schon im Mail-Wechsel mit den Kunden in Form von sehr langen und sehr detaillierten Excel-Fragenlisten gezeigt haben
- und der ebenso bekannten Sprachbarriere, die es ohne lokale Unterstützung nahezu unmöglich macht, mit den Kunden in einen Austausch zu kommen.
Dem Sprachthema nahmen sich meine sehr gewissenhaft arbeitenden Kollegen der Krones Japan Niederlassung (intern genannt KJ) an. Vor den ersten Kundenterminen wurde ich sehr höflich im Büro empfangen und alle Sales-Kollegen haben sich die Zeit genommen, an einem kleinen Aseptik-Training teilzunehmen. Für die Kollegen war es natürlich auch eine Möglichkeit, den eigenen Kenntnisstand aufzufrischen und einen Überblick zu dem von mir genutzten Fachvokabular zu bekommen. Schließlich mussten sie ja wissen, was ich meine, wenn sie in den kommenden Tagen mit mir und darüber hinaus auch ohne mich Kunden der lokalen Getränkeindustrie von der Aseptik – made in Germany überzeugen sollten.
Für die Erwartungen und Fragen mit höchstem Zoomfaktor in die Details hatte ich mich mit angepassten Slides gerüstet. Diese fanden bei den Kollegen im Training Anklang und ich lernte noch vor dem ersten Kundentermin den Unterschied zwischen den zwei Ausdrücken, die gesprochen etwa so klingen „So des ka?“ (Sou desu ka) und „So des ne!“ (Sou desu ne). Bis zu Deinem nächsten Japantrip solltest du dir das mal anschauen.
Es ging also gut los: Die Slides fanden bei meinen lokalen Kollegen Anklang und im Gegenzug zu meinen technischen Ausführungen konnte ich zumindest schon mal ein paar einfache umgangssprachliche japanische Ausdrücke aufschnappen. Das Zusammenspiel mit den Kollegen verbesserte sich immer weiter und schon im zweiten Termin konnte ich meinen deutschen Reflex zum Händeschütteln unterdrücken und begann, mich ortsüblich dezent zu verbeugen.
Aller guten Dinge sind drei?
„Mal sehen …“ dachte ich mir dann zu Beginn des dritten Termins. In einem kleinen, schlicht eingerichteten Besprechungszimmer in Tokyo stellte sich schnell heraus: Dies sollte eine andere Art von Termin werden. Schon auf dem Weg dorthin, als wir gemeinsam durch die U-Bahn-Röhren sausten, kündigten meine Kollegen an, dass nun ein eher traditioneller japanischer Termin vor uns läge. Nach dem zelebrierten Austausch der Visitenkarten samt kurzer Verbeugung war klar, dass wir heute lediglich mit Zettel und Stift, nicht aber mit meinen akribisch zusammengestellten Slides arbeiten würden.
Dann ging es los: Die Eingangsfrage des Kunden wurde mir von meinem Kollegen ins Englische übersetzt. Doch bis mir klar wurde, dass der sehr frische Geist im Körper eines Herren in den frühen 60ern nun keine lange Liste an korrekten Antworten von mir hören wollte, brauchte es noch einige Minuten und Antwort-Ansätze von meiner Seite. Mein Interesse und mein Geist waren geweckt.
Schließlich habe ich verstanden, dass ich – anders als vielleicht in anderen Kulturkreisen – nicht damit punkten würde, wenn ich gebetsmühlenartig runterbetete, inwiefern unsere Lösung dem Wettbewerb überlegen ist, was die sogenannten USPs sind. Welche das gewesen wären, findet ihr am Ende des Artikels. Statt dieses Feuerwerks an Argumenten brauchte es wohl eine etwas kompaktere Wahrheit. Und das bedeutete wiederum für mich: meine Comfort Zone, also die mir so vertrauten technischen Details mal zu verlassen, um mich voll und ganz auf mein Gegenüber und die Situation einzustellen.
Gerade als ich gedanklich schon damit anfing, philosophische Fragen auszuprobieren à la „Macht ein Baum, der im Wald umfällt, auch dann ein Geräusch, wenn ihn niemand hört?“, kam mir im Land von aufwändigst hergestellten Produkten wie beispielsweise Speisen (man denke nur an Kobe Beef, Teppanyaki Sushi oder Sashimi Kunstwerke), feinsten Whiskies, mühevoll handgefertigten Katana-Schwertern oder Elektronik (wie die Spielekonsolen unserer Jugend) der passende Blickwinkel.