Ustersbacher ist eine klassische bayerische Mittelstandsbrauerei: Ihr Portfolio besteht aus rund einem Dutzend verschiedener Biere, einer eigenen Mineralwasser-Marke sowie alkoholfreien Getränken. Sie liegt in einem Naturpark, besteht seit 1605 und ist seither in Familienbesitz. Nachhaltiges Denken wird hier traditionell großgeschrieben. Unter dem Arbeitstitel „Der grüne Weg“ investiert die Unternehmerfamilie verstärkt in energiesparende Maßnahmen. Die Vorgehensweise von Ustersbacher zeigt, dass beileibe nicht alles auf einmal neu erfunden und umgesetzt werden muss, sondern vielmehr ein stetiger Nachhaltigkeits-Impuls ebenso zum Ziel führen kann.
Die Privatbrauerei startete ihren »grünen Weg der gelben Marke« mit dem Ziel einer umweltschonenden Getränkeproduktion. Der Ansatz beinhaltete unter anderem ein konsequentes Energiemanagement in der Produktion.
Ustersbacher installierte auf seinen Dächern eine betriebseigene Photovoltaikanlage, die mit der Zeit immer weiter ausgebaut wurde. Heute läuft sie mit einer Leistung von einem Megawatt.
Die Brauerei errichtete eine Test-Biogasanlage, die sie mit Abwasser fütterte, um den darin enthaltenen CSB-Wert zu reduzieren. Später wird diese auch der Energiegewinnung dienen.
Es erfolgte die erste Energieverbrauchs-Aufnahme durch Krones. Helmut Kammerloher vom Werk Steinecker war schon damals überzeugt: »Wir müssen das CO2 im Boden lassen, wir müssen weg von fossiler Energie, deshalb ist ein geschlossenes System der richtige Weg.« Damit rannte er bei der Geschäftsführung in Ustersbach offene Türen ein. Gemeinsam wurde an der Umsetzung seiner Idee gearbeitet: eine Brauerei mit einem durchweg niedrigen und produktschonenden Temperaturniveau, in der sich Wärmeenergie leicht rekuperieren lässt. Ein zentraler Energiespeicher soll dabei den Bedarf an fossiler Energie und auch Lastspitzen stark reduzieren. So entstand im Laufe der Jahre Brewnomic, das Krones auf der drinktec 2017 erstmals vorstellte. Im Mittelpunkt des Konzepts steht eine energetisch autarke Brauerei, die sich selbst aus der Verwertung von Reststoffen des Brauprozesses versorgt. Eine Braustätte also, die gleichzeitig als Kraftwerk fungiert.
Als erste gemeinsame Maßnahme führten Krones und Ustersbacher ein Sudhaus-Upgrade durch. Dabei wurde die Dekoktionspfanne entfernt und für die Umstellung auf Infusionsmaische ein neuer Maischebottich ShakesBeer installiert. Gleichzeitig wurden das Energierückgewinnungssystem EquiTherm eingebaut und der vorhandene Warmwasser-Kondensator auf einen Pfannendunst-Kondensator umgerüstet, der nun einen Läuterwürze-Erhitzer versorgt. Mit der Wärmeschaukel EquiTherm wird am Würze-Vorkühler etwa 96 Grad Celsius heißes Wasser produziert und ebenfalls in den zentralen Energiespeicher eingelagert. Damit lässt sich das Maischegefäß rekuperativ versorgen.
Ustersbacher arbeitete schon vorher mit Heißwasser, allerdings noch durchgehend im Hochtemperaturbereich. »Wir konnten dann fast alle Verbraucher auf ein Niedertemperatursystem umstellen, das gleichzeitig auch das Produkt schont“, erklärt Helmut Kammerloher. »Die einzige Hochtemperatur, die noch benötigt wird, findet man bei der Würzekochung und bei der Keg-Sterilisation, die beide mit etwa 130 Grad Celsius betrieben werden. Ansonsten sind alle Verbraucher an einen zentralen Niederdruck-Heißwasserspeicher angeschlossen.«
Im gleichen Jahr entschied sich Ustersbacher aufgrund einer staatlichen Fördermaßnahme kurzfristig noch für den Einbau eines Blockheizkraftwerks. Dieses BHKW wurde auf Anraten von Krones so umgerüstet, dass nur ein Wärmestrom auf einem höheren Temperaturniveau von rund 110 Grad Celsius anfällt. Zugleich kann das BHKW mit einer sehr hohen Rücklauftemperatur von 84 Grad Celsius aufwarten und verarbeitet somit direkt die Rückläufe der meisten Verbraucher in einer Niedertemperaturbrauerei. Ein Standard-BHKW dagegen liefert üblicherweise etwa 80 Grad warmes Wasser aus der Motorkühlung, wobei hier eine Rücklauftemperatur von 70 Grad Celsius oder weniger benötigt wird. In einer Brauerei fallen aber praktisch keine 70 Grad Celsius warmen Rückläufe an. Mit den heißen Abgasen wird bei Standard-Blockheizkraftwerken häufig die Kesselanlage einer Brauerei unterstützt, die aber meist starken Lastschwankungen unterliegen. Das BHKW in Ustersbach kommt mit der speziellen Verschaltung und den hohen Temperaturen im Vor- und Rücklauf auf einen dauerhaft hohen Nutzungsgrad von über 90 Prozent.
Krones baute dann noch einen zentralen Niederdruck-Energiespeicher ein, der vom Blockheizkraftwerk (und mittlerweile von der Biogasanlage) permanent mit 110 Grad Celsius beladen wird. In Verbindung mit diesem kaskadierten Schichtenspeichersystem deckt das BHKW einen Großteil des Heizmittelbedarfs der Glaslinie, der CIP-Anlage und anderer Verbraucher ab.
Das neugestaltete Steinecker Sudhaus wurde eingeweiht. »Wer einen gescheiten Topf hat, kann auch ein gescheites Bier brauen«, sagt Brauereichefin Stephanie Schmid. »Und wir haben bewiesen, dass wir das können: 2020 sind wir mit dem Bundesehrenpreis der DLG ausgezeichnet worden – und damit beste Brauerei Bayerns.«
Als die Modernisierung der Abfüllung im Raum stand, entschied sich die Ustersbacher Brauerei wieder für Krones: So nahm sie einen neuen Füller Modulfill HES mit einer Leistung von 55.000 Flaschen pro Stunde in Betrieb. Das anspruchsvolle Hygienekonzept wird unter anderem erfüllt durch eine hocheffektive Einrichtung für die Außenreinigung, einen hygienisch ausgelegten Produktdrehverteiler, einen komplett spülbaren Kronenkorken-Verschließer sowie durch schmierfreie Hubzylinder. Sowohl das Zuführen der CIP-Kappen als auch das Anpassen des Sensors an die Füllhöhe erfolgen automatisch. Am Touchscreen kann der Maschinenbediener außerdem den Verbrauch an Produktwasser, Arbeits- und Sterilluft, CO2 sowie elektrischer Leistung kontrollieren. Zusätzlich wurde der Füller so ausgelegt, dass er auch mit höheren Temperaturen arbeiten kann, um ihn später in ein Energierückgewinnungskonzept einbinden zu können.
Als nächstes machten sich Ustersbacher sowie die Experten des Werks Steinecker an den vorhandenen Anaerob-Reaktor. Das Biogas sollte – so der Vorschlag von Krones – nicht nur für den Betrieb des Blockheizkraftwerks, sondern auch für den Heißwasserkessel genutzt werden können. Bis dahin wurde überschüssiges Biogas abgefackelt, weil es hier noch keine Einrichtung zur Gasaufbereitung gab. Um das Biogas von Schwefel und Restfeuchte zu befreien, entwickelte Krones eine neue Biogas-Regelung auf Basis des Prozessleitsystems Botec F1. »Damit sind wir hochzufrieden«, betont der Technische Leiter der Brauerei, Josef Geh. »Jetzt können wir rund ein Viertel unseres Gasbedarfs aus Abwasser bedienen.«
Mittlerweile gibt die Brauerei auch die Althefe in die Biogasanlage und konnte damit den Ertrag weiter signifikant erhöhen. »Dass dieser Kreislauf von Abwasser zu Strom und Wärme so gut funktioniert, liegt natürlich daran, dass wir kontinuierlich im Dreischichtbetrieb von Sonntagabend bis Freitagabend produzieren«, erläutert Stephanie Schmid.
Im gleichen Jahr optimierte Krones außerdem den integrierten Wärmetauscher der Flaschenreinigungsmaschine mittels Umlenkung zur Zwangsanströmung, um die Rücklauftemperatur dieses Wärmeverbrauchers weiter zu reduzieren. So konnte diese in Spitzenzeiten von 104 auf durchschnittlich 90 Grad Celsius gesenkt werden. Auch die Steuerung der Rücklauftemperatur-Absenkung wird von Botec F1 übernommen, wobei in diesem Zuge auch die Temperaturschichtung im Energiespeicher verbessert werden konnte.
Als vorläufig letzten Schritt installierte Ustersbacher im Sommer 2020 eine CO2-Rückgewinnungsanlage von Krones. Auch diese war eine Investition in die Nachhaltigkeit: Die Brauerei nutzt dabei eigene, vorhandene Ressourcen in Form von Gärungskohlensäure. Diese würde ansonsten als CO2-Ausstoß in die Luft geblasen und die Ustersbacher Privatbrauerei müsste gleichzeitig industriell gefertigte Kohlensäure zukaufen. Mit ihrer Leistung von 300 Kilogramm CO2 pro Stunde kann die Anlage jährlich bis zu 800 Tonnen CO2 einsparen. Die rückgewonnene Gärungskohlensäure setzt Ustersbacher beim Abfüllen von Bier und Limonade ein.
Die beim Verdampfen des CO2 freiwerdende Kälteenergie wird zudem in die zentrale Kälteeinheit gespeist und reduziert so den elektrischen Energiebedarf der Kälteanlage. Diese setzt zum Verflüssigen von CO2 wiederum CO2 ein, denn dies gilt in einem geschlossenen Kreislauf als das im Moment umweltfreundlichste Kältemittel.
Nächster Investitionsschritt wird eine Energieschaukel zur Kälteanlage sein. Durch höhere Temperaturen lassen sich die Kälteleistung verringern und der COP-Wert (Coefficient of Performance), also die Effizienz der Anlage, deutlich verbessern. Voraussetzung dafür ist ein wärmeres Abfüllen. Üblicherweise beträgt die Temperatur von Fertigbier im Drucktank etwa 0 Grad Celsius. Dieses Bier wird dann mit 6 bis 7 Grad Celsius kalt abgefüllt. Damit die kalten Flaschen im Kasten nicht durch die Umgebungsfeuchte kondensieren, müssen diese gegebenenfalls aktiv aufgewärmt werden. Wird jedoch mittels eines Wärmetauschers mit spezieller Logik und Durchflussmessung das Bier auf dem Weg vom Filter in den ungekühlten Drucktank erwärmt und im Gegenzug Kaltwasser von 14 auf 6 bis 7 Grad Celsius abgekühlt, spart man sich das Aufwärmen der Flaschen, das Kaltwasser wird zu Eiswasser und entlastet somit zugleich die Kälteanlage.
Normalerweise arbeitet eine Brauerei mit einer Eiswasser-Temperatur von 3 bis 4 Grad Celsius, um eine Anstelltemperatur im Gärtank von 10 bis 14 Grad Celsius zu erreichen. In Ustersbach genügt für diese Anstelltemperatur von hellem untergärigem Bier eine Eiswasser-Temperatur von 6 bis 8 Grad Celsius, weil es die Warmwasser-Bilanz in Verbindung mit EquiTherm zulässt. Durch die höheren Zieltemperaturen verbessert sich der COP-Wert der Kälteanlage und reduziert sich deren Stromaufnahme.
»Mit den genannten Maßnahmen hat die Ustersbacher Brauerei die Idee des Konzepts Steinecker Brewnomic weitgehend umgesetzt«, erklärt Helmut Kammerloher. »In meinen Augen ist Ustersbacher ein Musterbeispiel beim Thema Nachhaltigkeit. Das liegt auch daran, dass die Inhaberfamilie nicht in erster Linie auf schnelle Rentabilität schaut, sondern für eine nachhaltige Produktion auch mal eine längere Amortisationszeit in Kauf nimmt.«
Für die Verantwortlichen von Ustersbacher liegen die Vorteile klar auf der Hand: »Dank der verschiedenen effizienzsteigernden Maßnahmen haben wir den Energiebedarf unserer Produktion branchenvergleichend um rund 50 Prozent gesenkt“, freut sich Josef Geh. „Das ist doch mal eine Ansage!«